Jenseits von Theke und Tellerrand
Die Jahrtausendwende war ein bisschen auch Lebenswende: weil ich mich 2000 auf eine unscheinbare Korrektoratsanzeige von Kochan & Partner beworben hatte. Und so Boris kennenlernte, der sich tatsächlich, so klein die Anzeige auch war, jeden, der für ihn arbeiten wollte, auch noch persönlich anschaute – bei einem Gespräch, das selbstverständlich in der Nähe einer Theke stattfand. In der Hirschgartenallee gab es mehrere davon: in der ROTI’SERIE die urige Theke, in der Aquathek die praktische, in der Polythek die virtuelle, wo sich der Begriff auf den Zweck reduzierte, nur anlassspezifisch manchmal ein entsprechendes Mobiliar aufgebaut wurde.
Später lernte ich dann auch die Theke in der Wittelsbacher Straße kennen, für mich die Lieblingstheke schlechthin – nicht nur, weil da fast immer ein Wasser und ein Espresso hinüber geschoben wird, und ganz oft die ein oder andere leckere Kleinigkeit zum Essen. Während Boris auf der anderen Seite steht, an der Kochinsel, lässig und wie beiläufig das Küchenhandwerk zelebrierend, schnippelnd, rührend, kostend und selbstkritisch (nach)würzend, dabei oft sinnierend, manchmal markerschütternd lachend, redend, zuhörend, hinterfragend und auf seine unnachahmliche Weise im besten Sinne strategisch denkend. Das Ergebnis ist immer so originell wie fantastisch – das auf dem Teller und das weitab vom Tellerrand.
Sigrun Borstelmann hat Medizin, Politik, Germanistik und Theaterwissenschaften studiert. Freie Journalistin beim Münchner Merkur. Nach Festanstellung als medizinische Redakteurin seit 1991 selbstständig als Texterin, Lektorin und Redakteurin. Als Freelancer verantwortliche Redakteurin für medizinische und naturwissenschaftliche Lehrbücher, Fachzeitschriften und Patientenzeitschriften, Lifestylemagazine und Ratgeber, Werbetexterin für Print- und Onlinebereich, Projektleiterin für komplexe und ganzheitliche Produktionen. Interessen: Klavier, Literatur, Oper, Theater.