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Boris Kochan

Boris Kochan

Ulrich Müller und Boris Kochan zu Besuch bei Alex Wiedemann.
Ulrich Müller und Boris Kochan beim 8daw-Interview mit dem Buchbinder Albert Wiedemann …


Im Nordosten die Kaffeemaschine …

Manchmal verströmt eine dampfende Suppe auf dem Herd davor köstliche Aromen – gerne auch mit thailändischer Note. In eher südwestlicher Richtung dann der großzügige Holztisch, an dem Gäste sich niederlassen, auf dem aber zumeist Stapel von Büchern zwischengelagert sind, bevor sie ihren Platz in der Bibliothek einnehmen. Dazwischen die Theke, weniger Barriere, wie das altfranzösische Wort Barre, von dem die Bar abgeleitet wurde, vermuten lassen könnte. Eher Membran und geographisches Kraftfeld des Raumes, wo Küchengetriebe und die Wissensfülle jener Bücherstapel sich spielerisch vermischen und die Gedanken Ballast abwerfen, um höher zu fliegen.

Viel wird hier gelacht – mitunter durchaus laut. Aber es gibt auch diese außerordentlichen Momente nachdenklicher Stille … wenn Boris das Messer, mit dem er gerade noch mit der Souveränität des gestandenen Küchenchefs irgendein Gemüse ins optimale Suppen-Format gebracht hatte, beiseite legt. Sich an die rückwärtige Kaffeemaschine lehnt, den Zeigefinger an die Lippen legt. Und der Gast womöglich einen der größten Vorzüge dieser besonderen Theke genießen kann: Nicht wie festgenagelt auf irgendeinem Stuhl sitzen, sondern ganz einfach und leicht einen Schritt zurücktreten und dem geistigem Drehmoment neuen Schwung verleihen. Vielleicht sogar die zwei, drei Schritte Richtung Tisch gehen und fast wie nebensächlich eines der Bücher aufblättern:

»Neuerscheinung?«

»Hmja, bin aber erst zur Hälfte durch…«

»Und?«

»Gar nicht mal schlecht bisher – werde berichten.«

Zumeist genügt dieser kurze Unterbruch, ein Augenblick der Defokussiertheit, um die Gedanken in eine neue Richtung zu lenken, manchmal sogar, um den wichtigen Schritt weiterzugehen. Boris nimmt wieder Gemüse und Küchenmesser zur Hand, auf der Theke das Glas guten Weines, ein stilles Lächeln.


Ulrich Müller ist Autor, Theoretiker und Komponist. Er hat über 100 Radio-Features über zeitgenössische Musik geschrieben, in denen er auch das Verhältnis von Musik zur Bildenden Kunst, Architektur, Literatur und Philosophie thematisierte. Als Theoretiker zeichnet er für unzählige strategische Konzepte und Vortragsgrundlagen im Design-, Typografie- und Kommunikationsbereich verantwortlich. Der Mitbegründer der Neue-Musik-Formation 48nord war ursprünglich Rockmusiker, erhielt Kompositionsunterricht von Klaus K. Hübler, besuchte die Darmstädter Ferienkurse für Neue Musik und Workshops über Computermusik von Clarence Barlow. Er kuratierte Konzertreihen mit experimenteller Musik, war Gastkünstler am ZKM Karlsruhe und unterrichtete an der HdK Berlin und der HFF München. Neben internationalen Engagements als Komponist präsentierte er seine Arbeiten u.a. am Art Institute of Chicago und an der Columbia University/New York. Gemeinsam mit Boris Kochan initiierte und moderierte er u.a. die Podiumsdiskussion während der Münchner Designwoche »STADT 4.0: KREAPOLIS« und die zehnteilige Serie der Podiumsdiskussionen für den Deutschen Designtag »BAUHAUS 4.0: Zukunft wird aus Design gemacht«.

Boris Kochan und Ulrich Müller beim ersten Abend der Veranstaltungsserie »BAUHAUS 4.0: Zukunft wird aus Design gemacht« für den Deutschen Designtag am 19. Februar 2019 in Dieburg bei Frankfurt